Muscheln

Stephy

Langsam lief sie am Strand entlang. Der Wind wehte ihr das weite Sommerkleid um die Beine. Die Strandkörbe, die zu den Unmengen Hotels in der Nähe gehörten, waren bereits abgeschlossen, ebenso wie die kleinen Holzhäuser, in denen Bote, Surfbretter und ähnliches zum Verleih standen. Für eine Nacht im Hochsommer waren die Temperaturen eher mild und sie genoss die kräftigen Winde, die an ihr zerrten. An ihrer Seite hin ein bunter Beutel, in dem es bei jeder Brise raschelte und klapperte.

Ihre Augen glitten suchend über den dunklen Sand. Sie suchte nach Muscheln, die von den Wellen beinahe ausschließlich an diesen Teil des Strandes gespült wurden. Nach kurzer Zeit fand ihr geübter Blick schließlich, was sie suchte. Eilig lief sie auf ihren bloßen Füßen die paar Meter und hockte sich hin. Das ihr langes Kleid dabei durch die Brandung nass wurde, war ihr egal.

Vorsichtig wusch sie die Muschel im Meer aus und kramte eine kleine, aber kräftige Taschenlampe aus ihrem Beutel, um ihren Fund zu betrachten. Als sie grade in die lila und blau gefärbten Windungen der Muschel versunken war, bemerkte sie, das jemand sich vor sie hockte und sie genau so fasziniert anstarrte wie sie die Muschel. Zwinkernd zwang sie sich in die Gegenwart zurück und sah den jungen Mann an, der sich da so dreist zu ihr gesellt hatte.

„Kann ich ihnen helfen?“ fragte sie forscher als beabsichtigt.
„Die Frage wollte ich ihnen grade stellen. Sammeln sie Muscheln?“ fragte er mit einem Lächeln.
„Nein.“ kam die für ihn offenbar überraschende Antwort.
„Ich mache Ketten daraus und verkaufe sie. Aber ich …“

Sein Lachen unterbrach sie. Wütend sah sie ihn an. Er kannte sie gar nicht, wie konnte er dann die Dreistigkeit besitzen, sie auszulachen?

„Aber sie sammeln sie doch trotzdem. Oder wollen sie mir erzählen, das sie mitten in der Nacht an den Strand kommen um sich Muscheln anzusehen? Ich wette, in dem Beutel da haben sie noch viel mehr.“

Ruckartig stand sie auf, wickelte die Muschel in Papier, das sie mitgebracht hatte und steckte sie ein. Dann drehte sie sich ohne ein Wort um und ging davon. Als ob sie sich von irgendwelchen Fremden belehren lassen musste.

„Ich komm sie mal in ihrem Laden besuchen.“ rief er ihr hinterher. Sie würde es nie zugeben, aber sie hoffte es.