Archiv für den Monat: Mai 2013

Spiegelscherben

Janny

Unglücklich sah sie in den Ganzkörperspiegel. Ihre langen Haare, noch nass vom Waschen, fielen ihr schwer auf den Rücken. Mit zitternden Fingern löste sie das feuchte Handtuch, das sie sich nach dem Duschen unter die Achseln geklemmt hatte. Als sie ihren nackten Körper sah, waren all die Sprüche wieder da: „Moppel!“; „Klopps!“; „Hey, guckt euch die mal an!“; „Ihh!“

Eine Träne lief ihr über die Wange. Im Licht des Deckenfluters wurden all ihre Problemzonen, jedes noch so kleine Polster hervorgehoben.

„Hässlich, fett…“ wiederholte sie leise die Sprüche ihrer Klassenkameraden. Dann sah sie die Träne auf ihrer Wange.

„NEIN!“ rief sie laut, holte aus und schlug mit der Faust in den Spiegel. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen sah sie auf die Spiegelscherben und hob schließlich eine auf.
„Das bin ich nicht!“ versprach sie sich selbst.

​Scoubidou

Stephy

,,Verdammte Scheiße, Shit, Dreck.”, schimpfte sie vor sich her, als sie die Hauptstraße entlang lief.
,,Junge Frau was haben sie denn?”, fragte ein alter Mann.

,,Ach, gehen sie mir nicht auf die Nerven. Ich darf es nicht verpassen.”, meckerte sie den Mann an.

,,So unhöflich diese jungen Leute.”

Sie ignorierte das Gemecker und lief schnell weiter, ihrem Ziel entgegen. Da geschah es. Durch das sich ständig wechselne Wetter, von warm zu arschkalt, hatte sich eine Pfütze zu Eis verwandelt und sie rutschte darauf aus.

,,Nicht das auch noch.”, sagte sie im Aufstehen. Sie klopfte sich den Schnee ab und lief weiter.

,,Warten sie.”, rief jemand hinter ihr.

,,Keine Zeit.”

Sie rannte los, die Zeit wurde immer knapper.

,,Warten sie doch mal, sie haben da was verloren.”

,,Was?”, nun blieb sie doch stehen.

,,Bitte schön.”

,,Oh Gott, danke. Sie retten mir mein Leben.”

,,Wo müssen sie denn so schnell hin?”

,,In die XXX Straße.”

,,Kommen sie mein Auto steht da vorne, ich fahre sie.”

,,Danke.”, sagte die Frau glücklich.

Gemeinsam stiegen sie in das Auto und fuhren los. Nach wenigen Minuten waren sie da. Schnell bedankte sie sich nochmal, rannte zur Haustür, schloss sie schnellstmöglich auf und rannte die Treppe hinauf. In Windeseile war sie in ihrer Wohnung.

,,Guckt mal, was ich mitgebracht habe. Eure Lieblings DVD Scoubidou.” Freudestrahlend kamen die Kinder zu ihrer Mutter gerannt.

Der Museumsbesuch

Nicki

„Und hier sehen sie die heiligen Federn eines indianischen Schmuckstückes.“ In diesem Moment wurde mir klar, dass die alte Museumsführerin entweder keine Ahnung hatte oder uns Besucher für dumm verkaufen wollte. Ich bin gespannt was sie zum heiligen Diadem und den Ketten der Königin Elizabeth erzählt. Ich seufzte. Als Journalistin für ein historisch orientiertes Magazin hatte man es definitiv nicht leicht.

Die Liebe zu historisch wertvollen Gegenständen hatte ich schon als kleines Kind entdeckt, als ich in einem Laden für Kinderspielzeug mit einer Münze aus der Barockzeit, die ich im Fluss gefunden hatte, meinen eigenen Teddybären kaufen wollte. Tja, hab ihn leider nicht bekommen , aber ich war Schuld an einer riesigen Untersuchung an einem Fluss, in einem kleinen Waldstück. Mein Vater hatte damals so getan, als hätte ich eine neue Welt entdeckt, die nur darauf wartet erforscht zu werden. Ich hatte nicht verstanden, was an einer alten verrosteten Münze so toll sein sollte.

„Und sehen sie eine kleine Krone und ein Band mit ein paar Perlen von der großen Königin Elizabeth.“  Die Frau hatte echt keine Ahnung und riss mich damit aus meinen Gedanken. Ich machte schnell ein paar Fotos mit meiner Spezialkamera für Museumsbesuche. Als die Redaktion von der Eröffnung des historischen Museums berichtete, hatte ich gleich den Vorschlag gemacht, dies in Verbindung mit dem Schmuckstücken der Königen Elizabeth zu bringen. Sie war eines der neuen Highlights in diesem Museum. Das war auch der Grund warum, ich mich überhaupt mit der Schreckschraube abgebe. Die Gruppe lief weiter Richtung Antike. Geschichtlich gesehen somit in die falsche Richtung, aber wie gesagt die Museumsfüherin hatte überhaupt keine Ahnung. Ich blieb noch ein wenig stehen, um mir das Diadem und die Ketten genauer anzusehen. Sie waren wunderschön, feinstes Material mit blauen Steinchen und Perlen. OK, ich geb zu von Schmuck hatte ich auch keine Ahnung, aber ich verstehen was von Geschichte.

„Und, my Lady, gefällt ihnen der Schmuck?“ Ich erschrak. Hinter mir erschien plötzlich ein durchaus attraktiver Museumswärter mit schwarzen Securityanzug und einer roten Krawatte. „ Ja sehr.“ „ Das dachte ich mir. Dennoch muss ich sie bitten, ein Stück zurückzutreten, da sie sonst den Alarm auslösen.“ Ich war anscheinend so fasziniert von meiner Entdeckung, dass ich gar nicht die dicke rot eingezeichnete Linie direkt vor meinen Füßen bemerkt hatte. „ Oh, natürlich Entschuldigung.“ „ Sie sind Journalistin nicht war?“ „ Ja das bin ich.“ Ich war so aufgeregt, dass ich vor Schreck beinahe meine 3000 $ teure Spezialkamera fallen lies. „ Sie sollten mal über den langweiligsten Job der Welt schreiben.“ Ich lachte und sah ihn verwirrt an. Man, hatte der schöne Augen. „ Wenn  sie mir verraten, welcher das ist.“ Er grinste und sagte: „ Journalistin für historische Magazine und Museumswärter.“ Noch mehr verwirrt und sauer, weil er meinen Beruf beleidigt hatte, streckte ich ihm die Zunge raus, sah ihn frech an und verließ das Museum. Was fällt diesem Anzugschnösel eigentlich ein. Erst jetzt, als ich bereits wieder in der U-Bahn saß, stellte ich fest, dass er sich selbst auch beleidigt hatte. Was für ein Trottel. Naja, jetzt erst einmal nach Hause und an den PC. Trotzdem ging mir der Kerl nicht aus dem Kopf. Meine Journalisten- Spürnase schlug gewaltig Alarm, aber das war eine andere Story.

Nicki

Musik

Janny

Wieder hielt der stressige Alltag sie gefangen.

Doch nicht mehr lange. Schnell ging sie die Stufen zu dem kleinen Kampfsportstudio hoch. Ihr Trainer wartete schon auf sie.

,,Und bist du bereit alles zu gegeben?” Sie nickte nur kurz und verschwand in der Umkleidekabine. Es hatte eine gewisse Zeit gedauert, bis sie sich an die außergewöhnliche Kleidung die ihr der Trainer vorgeschrieben hatte, gewöhnt hatte. Doch nun fühlte sie sich in ihnen nur noch frei.
Ein einfaches elastisches schwarzes Band hielt ihre etwas zu klein geratenen Brüste an Ort und Stelle. Und enganliegende Shorts rundeten das ganze ab.

Mit nackten Füßen betrat sie die Boxarena.
,,Können wir?”, fragte ihr Trainer.
“Einen Augenblick noch.”, sagte sie, steckte sich ihre Kopfhörer in die Ohren und den kleinen iPod klemmte sie an ihre Shorts.

Mit einem Nicken zeigt sie ihrem Coach, dass es losgehen konnte. Der hob die Hände, die schon in speziellen Handschuhen steckten. Mit einem Knopfdruck begann ihr iPod zu leben und berauschende Musik durchfloss sie. Das Gefühl sich unbedingt bewegen zu müssen, stellte sich in ihr ein und sie gab ihm nach. Mit gezielten Schlägen begann sie ihren Trainer zu bearbeiten. Der fing sie immer wieder mit den Handschuhen ab und brüllte ihr irgendetwas zu. Doch sie hörte nicht und fing an, ihre Kombinationen auf ihren Coach niederprasseln zu lassen.

Tritt, Schlag, links Tritt, rechts Tritt. Etwas Ausweichtraining folgte. Und auch dort schien ihre Musik zu leiten.

Ihr Trainer kreuzte zum Schluss die Arme. Das Training war beendet. Mit einem Klick verstummte die Musik und sie zog sich um.

Nach einem Lob ihres Trainers trat sie wieder in die kalte, trostlose Welt.

Muscheln

Stephy

Langsam lief sie am Strand entlang. Der Wind wehte ihr das weite Sommerkleid um die Beine. Die Strandkörbe, die zu den Unmengen Hotels in der Nähe gehörten, waren bereits abgeschlossen, ebenso wie die kleinen Holzhäuser, in denen Bote, Surfbretter und ähnliches zum Verleih standen. Für eine Nacht im Hochsommer waren die Temperaturen eher mild und sie genoss die kräftigen Winde, die an ihr zerrten. An ihrer Seite hin ein bunter Beutel, in dem es bei jeder Brise raschelte und klapperte.

Ihre Augen glitten suchend über den dunklen Sand. Sie suchte nach Muscheln, die von den Wellen beinahe ausschließlich an diesen Teil des Strandes gespült wurden. Nach kurzer Zeit fand ihr geübter Blick schließlich, was sie suchte. Eilig lief sie auf ihren bloßen Füßen die paar Meter und hockte sich hin. Das ihr langes Kleid dabei durch die Brandung nass wurde, war ihr egal.

Vorsichtig wusch sie die Muschel im Meer aus und kramte eine kleine, aber kräftige Taschenlampe aus ihrem Beutel, um ihren Fund zu betrachten. Als sie grade in die lila und blau gefärbten Windungen der Muschel versunken war, bemerkte sie, das jemand sich vor sie hockte und sie genau so fasziniert anstarrte wie sie die Muschel. Zwinkernd zwang sie sich in die Gegenwart zurück und sah den jungen Mann an, der sich da so dreist zu ihr gesellt hatte.

„Kann ich ihnen helfen?“ fragte sie forscher als beabsichtigt.
„Die Frage wollte ich ihnen grade stellen. Sammeln sie Muscheln?“ fragte er mit einem Lächeln.
„Nein.“ kam die für ihn offenbar überraschende Antwort.
„Ich mache Ketten daraus und verkaufe sie. Aber ich …“

Sein Lachen unterbrach sie. Wütend sah sie ihn an. Er kannte sie gar nicht, wie konnte er dann die Dreistigkeit besitzen, sie auszulachen?

„Aber sie sammeln sie doch trotzdem. Oder wollen sie mir erzählen, das sie mitten in der Nacht an den Strand kommen um sich Muscheln anzusehen? Ich wette, in dem Beutel da haben sie noch viel mehr.“

Ruckartig stand sie auf, wickelte die Muschel in Papier, das sie mitgebracht hatte und steckte sie ein. Dann drehte sie sich ohne ein Wort um und ging davon. Als ob sie sich von irgendwelchen Fremden belehren lassen musste.

„Ich komm sie mal in ihrem Laden besuchen.“ rief er ihr hinterher. Sie würde es nie zugeben, aber sie hoffte es.

Mein Spiegelbild

Janny

Oft werde ich gefragt, ob ich glücklich bin mit meinem bisherigen Leben. Naja, was soll ich darauf antworten.

Ich kann noch in den Spiegel gucken.

Klar, es lief bis jetzt nicht immer alles rosig, aber auch nicht so schlecht, dass ich irgendetwas bereuen müsste.

Wenn ich heute in den Spiegel sehe, ist da eine unabhängige junge Frau, die etwas zu rund geraten ist und ihr ABI nicht geschafft hat. Aber trotzdem denke ich positiv, schließlich komme ich jetzt wieder mit mir ins Reine. Ich habe keine Schlafstörungen mehr und auch so fühle ich mich wieder wohl.

Also falls mich noch jemand fragen will, ja, ich bin glücklich.

Masken – Wölfe der Regierung

Nicki

Die Nacht war dunkel und die Laternen auf der Straße gaben nicht wirklich viel Licht her. Sie lief in ihrem blauen seidenden Abendkleid und einen schwarzen Mantel die Straße entlang. Die kleine Handtasche unter dem Arm geklemmt und mit  Stöckelschuhen klackernden Schritts, beeilte sie sich, um den finsteren Kreaturen der Nacht wie Vergewaltigern, Dieben und Wölfen der Regierung nicht zu begegnen. Die Regierung ordnete eine Ausgangsperre ab Mitternacht an, mit dem Vorwand, so die Kriminalität in diesen bereits sterbenden Land besser einzudämmen und diese vor allem kontrollieren zu können.

Nur Pech, dass es bereits  weit nach Mitternacht war. Die Wölfe der Regierung waren Polizisten mit Wolfsmasken und schwarzen Umhängen, die vor allem dunkle Seitenstraßen bevorzugen und Jagd  auf alles, was die Regeln bricht machen. In dem Fall auch sie selbst. Man sagt ihnen nach, sie seien grausam und jeder, der von ihnen erwischt wird, kehrt nie wieder zurück oder wurde lebend gesehen. Mit diesem Wissen lief sie noch schneller, als sie in eine der besagten Seitenstraßen abbog. Die Laternen hier funktionierten kaum oder waren kaputt. „ Scheiß Kapitalismus“ flüsterte sie vor sich hin, während sie ihren Kragen des Mantels enger an sich zog, so als würde sie frieren.

Plötzlich erschien  am Ende der Seitenstraße eine dunkler Schatten. Sie erschrak und blieb wie angewurzelt stehen. In der Hoffnung, dass sie noch nicht entdeckt wurde, schaute sie sich um und entdeckte eine große Mülltonne, hinter der sie sich verstecken konnte. Schnell lief sie zur Mülltonne, da tauchte ein zweiter Schatten hinter ihr auf und hielt ihr den Mund zu. „Wenn du hübsches Ding jetzt schreist, dann bring ich dich gleich um.“ Sofort spürte sie eine Pistole an ihrem Rücken. Ihr Angreifer entdeckte ebenfalls die Mülltonne und zog sie dort hin.

Der erste Schatten am Ende  der Seitenstraße formte sich zu  einer Gestalt mit Wolfsmaske und einem schwarzen Mantel. „Verdammt ein Wolf. “ Der Angreifer hinter ihr fluchte leise und drückte ihr die Pistole noch enger in den Rücken, sodass sie vor Schmerzen und Angst leise aufstöhnen musste. „ Sei ruhig du verdammte Schlampe.“ flüsterte er ihr ins Ohr. Der Wolf bog in die Seitenstraße ein und näherte sich der Mülltonne. Der Angreifer fing an zu schwitzen. Sie spürte seine Schweißperlen auf ihre Hand tropfen. Ihr war es so ziemlich egal, ob sie entdeckt wurden. Sie hatte die Wahl, entweder tötete sie ihr Angreifer oder der Wolf jagte sie. Dennoch zog sie ihren Angreifer vor. Die Angst vor dem Wolf war zu groß. Noch ein paar Schritte und dieser erreichte die Mülltonne.

Tap. Tap. Nun rann auch ihr der Schweiß von der Stirn. Unglücklicher Weise kitzelte eines ihrer langen, braunen Haare in ihrer Nase und sie musste sich krampfhaft das Niesen verkneifen. Der Wolf blieb jetzt genau vor der Mülltonne stehen und schaute sich um. Einen Moment spürte sie eine unheimliche Kälte und ihr Herz blieb für einen gefühlt  sehr langen Moment stehen. Sie hatten Glück, der Wolf lief weiter zur Hauptstraße. Als dieser um die Ecke bog, spürte sie, wie ihr Angreifer sichtlich aufatmete und sie selbst seufzte leise irgendwie beruhigt. Als jedoch der Angreifer sie aus ihrem Versteck zurück auf die Straße zog, wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie doch noch ein Problem hatte.

Mit ihrem rechten Stöckelschuh trat sie ihrem Angreifer auf den Fuß, so fest sie konnte. Dieser schrie auf, ließ sie kurz los, aber nur, um sie zu sich umzudrehen. Sie schaute in eiskalte blaue Augen und wie sie enttäuscht feststellen musste, in eine weitere Maske. Sie hatte gehofft, wenigstens noch das Gesicht ihres wahrscheinlich Mörders sehen zu können, bevor dieser ihr das Licht ausknippste. Dann hörte sie ein leisen Klicken und dann war ihr Körper auf einmal sehr schwer und sie verlor das Gleichgewicht. Sie fiel auf den harten  Asphaltboden und sah die Sterne am Himmel. Der Mann mit der Maske rannte eilig davon. Das Letzte woran sie sich erinnerte, war der helle Mond und das Klagen des Windes.

Masken

Pia

Ich saß in der U-Bahn und fuhr planlos durch die Stadt. Ich mochte es einzelne Linien zu fahren und an bestimmten Bahnhöfen einfach in eine andere U-Bahn zu steigen und irgendwo anders hinzufahren.

In einer U-Bahn passierten einige lustige Dinge. Kinder die vor sich hinsangen oder aus dem Fenster schauten und den U-Bahntunnel total interessant fanden. Straßenmusiker konnten nerven, aber manchmal hatte ich auch Glück und es stieg jemand in die Bahn, der sehr gut spielen konnte. Einiges nervte, aber auch z.B. die Straßenzeitungsverkäufer genauso wie die Bettler. Aber am meisten nervten die Fahrkartenkontrolleure, die waren auch am unfreundlichsten von allen.
Die Bahn fuhr in den Bahnhof. Kurz bevor sich die Tür schloss, sprang eine Person in die U-Bahn. Sie hatte eine weiße Maske auf, ein grünes Kleid an und lange rote Haare. Als die Bahn losfuhr, fing sie an zu tanzen, ohne Musik, doch sie zog alle Fahrgäste in ihren Bann. Sie tanze einen ohne Musik, der aussah, als wäre er nicht von dieser Welt.

Ich konnte meinen Blick nicht mehr von der Frau abwenden.

Plötzlich waren wir im nächsten Bahnhof und die Frau hörte auf zu tanzen, verbeugte sich kurz und als die Türen sich öffneten, sprang sie aus der Bahn und war verschwunden.

Linoleum

Stephy

Der Gang mit den vielen Türen war leer. Das konnte man schon durch die mit Milchglas verkleideten Schwingtüren sehen. Der Gedanke, die Tür aufzudrücken lies mich schaudern. Ich hatte Angst, obwohl ich genau wusste, was mich erwarten würde. Wie oft war ich diesen Gang schon entlang gegangen? Einfach tief durchatmen und los!, sagte ich mir in Gedanken. Dann presste ich meine Schulter gegen das Glas. Ich hatte diese Türen noch nie mit den Händen anfassen können. Das kalte Metall und der brüchige Lack, der das Holz bedeckte, waren mir zuwider. Aber nichts, absolut nichts, war so schlimm, wie das Linoleum. Das grüne Linoleum, das im Dämmerlicht des Flures aussah, wie ein morastiger Sumpf. Das den Gang in die Länge zog wie ein Gummiband, das nicht mehr zurück schnappte.

Ich schluckte. Dort hinten, ganz am Ende des sumpfigen dämmerigen Ganges war mein Ziel. Eine schlichte braune Holztür, deren obere Hälfte mit diesem schrecklichen Milchglas ausgefüllt war. Als wolle man alles außerhalb halten, was dort nicht hingehörte, dachte ich mir. Dann setzte ich einen Fuß auf das Linoleum. Mitten hinein in den Sumpf. Ich presste die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und zwang mich, meinen Blick auf die Tür gerichtet zu halten. Immer nur auf die Tür gucken. Nicht auf die winzigen schmalen Fenster, nicht auf die vielen Türen, an denen ich vorbei ging, nicht auf das Linoleum, das sich nun, da ich mitten darauf stand, von einem Sumpf in etwas anderes verwandelte. Ich wollte nicht wissen, was es war, aber es hatte die Farbe von Erbrochenem. Es roch nach Reinungungsmittel und Bohnerwachs. Erbrochenes auf Hochglanz poliert. Schritt für Schritt tastete ich mich voran. Es war, als würde man im Dunkeln eine Treppe hochsteigen, die plötzlich endete und man steht panisch am Treppenabsatz und tastet nach der nächsten Stufe, die aber nicht da ist. Man fällt.

Ich spürte, wie mein Herz anfing zu rasen. Nur nicht nach unten gucken, nur nicht nach unten gucken. Du bist fast da, machte ich mir Mut. Noch wenige Schritte. Tap, tap, ein kurzes Stolpern. Dann, endlich, hatte ich es geschaft. Vor mir lag die Tür mit dem Milchglas. Unter dem Milchglas war ein in Gold gerahmtes Schild. „Rektor“

Noch einmal sammelte ich all meinen Mut und klopfte.

Holzfiguren

Stephie

Es war einmal eine kleine Familie, die sehr arm war. Eines Tages gingen das Paula und der Junge Paul in dem Wald. Dort blieben sie an einem Haus stehen. Sie klopften an die Tür des Hauses, um nach dem Weg zu fragen. Plötzlich kam eine Frau aus dem Haus. Sie fragten die Frau: „Wissen sie, wo der Wald auf hört?“ Die Frau antwortete: „Kommt doch erst mal rein. Dann reden wir weiter.“ Zusammen gingen sie in das Haus. Die Kinder wussten nicht, dass die Frau eine Hexe war.

Im Haus waren viele Holzfiguren. Die sahen aus wie Menschen und Tiere.
„Was sind das für Holzfiguren?“ fragte Paula. „Das sind keine gewöhnlichen Holzfiguren,“ antwortete die Hexe. „ das sind alles verzauberte Menschen und Tiere.“

Plötzlich ertönten Glockenschläge. „ Wir müssen nach Hause, schnell.“ sagte ungeduldig Paul. „Wir müssen um 19 Uhr zu Hause sein.“ Die Hexe aber sagte „ Ich lass euch nicht gehen.“ und fing an zu zaubern. Mit dem Zauberspruch „Ene Mene Abrida Kusar Quse 123, du sollst eine Holzfigur sein, sching schang schuh hex hex.“ verzauberte sie Paula in eine Holzfigur.

„Sie sie sind eine Hex, Hex, Hexe?“ Paul hatte auf einmal sehr große Angst. „Ja ich bin eine Hexe.“ „Was haben sie mit meiner Schwester gemacht? Lebt sie noch? Verwandeln sie sie sofort zurück!“ „Nein tu ich nicht. Ich werde sogar dafür sorgen, dass du deiner Schwester Gesellschaft leistest.“ sagte die Hexe böse und lachte unheimlich. Mit den Worten „Ene Mene Abrida Kusar Quse 123, du sollst eine Holzfigur sein, sching schang schuh hex hex.“ Paul verwandelte sich wie Paula in eine Holzfigur und so nahmen die Kinder den Tod an.

Graue Wolke

Janny

Heute war echt nicht ihr Tag.

Früh am Morgen ist sie, kurz nach dem Aufstehen, über das Skateboard ihres jüngeren Bruders geflogen und hat ihre Zahnbürste in die Toilette fallen lassen.

Als sie dann endlich das Haus verlassen hatte, ist ein Auto so schnell an ihr vorbei gefahren , dass das Wasser aus einer Pfütze, die sich auf der Fahrbahn gebildet hatte, sie von oben bis unten durchnässte.

Ihre neuen Kleidungsstücke hatten nur leider ein Problem, sie vertrugen kein Wasser und zogen sich beim Kontakt mit dem kühlen Nass zusammen. Weshalb sie dann nur noch in einem Mini- Rock und einem bauchfreien Top dastand. In ihrem knappen Outfit musste sie nun auf den Bus warten, weil ihr Auto nicht angesprungen war. Der Bus kam natürlich zu spät und bekam drei Stationen, bevor sie aussteigen musste, einen Platten. Der Ersatz sollte erst eine halbe Stunde später kommen, weshalb sie zu Fuß weiter ging.

Klar war, das sie sich verlaufen musste. Also stolperte sie nach einer Stunde wirren Umherlaufens in ein Cafe.

Genau in dem Augenblick, als sie die Beschreibung zu ihrem Zielort und einen Kaffee to go entgegen nehmen wollte, rissen die Henkel und der Reisverschluss ihrer Tasche. Weshalb der gesamte Inhalt ihrer Tasche auf dem Boden zerstreut lag.

Die Kassiererin war so freundlich ihr eine Tüte zu geben und als sie sich herunter beugte, um ihre Sachen aufzuheben, hockte da bereits ein junger Mann.

,,Heute ist echt nicht ihr Tag, oder?”, fragte er und grinste sie an.
Und in sich hinein dankte sie ihrem Reißverschluss, dafür geplatzt zu sein.

Glasmalfarben

Nicki

Die Kathedrale reckte sich stolz der Sonne entgegen. Ihr große Glockenturm ragte wie ein Palast in den Himmel. Sie wollte gar nicht wissen, wie alt diese mächtige Gemäuer  wohl sein mag. Fest stand, ihre wunderschöne Aufgabe war es, all die kleinen und großen Fenster mit neuer Farbe zu versehen. Kurz gesagt, sie hatte eine neue, Monate lange Beschäftigungsthearapie. Juhu. Als ihr Chef  ihr die Nachricht mitteilte, war sie erst einmal tierisch geschockt. Verständlich schließlich ist dies ja auch nicht gerade die schönste Aufgabe. Aber sie darf mit viel Glasmalfarbe rum klecksen. Das ist doch schon mal was. Die Fenster einer alten Kathedrale zu restaurieren war für sie neben der mühseligen Arbeit mal abgesehen auch eine Ehre die nur wenige zu Teil wird. Somit verbeugte sie sich ehrfürchtig vor dem großen Eingangstür der großen Kathedrale. „Los komm jetzt.“  Ihr Partner fing an zu drängeln und öffnete mit dem Pfarrer die große  Tür. Sie schnappte sich ihre Ausrüstung und trat über die Schwelle der Großen Kathedrale und was dann geschah blieb auf  ewig ein Geheimnis.

Die Könige der Welt

Nicki

„Luka nicht!“ Panisch hastete Magarit Tompson zu einen kleinen runden Tisch. Luka der Kleinste in ihrer Kindergruppe oder Glühwürmchen, wie sie ihre Schützlinge gerne nannte, war gerade dabei einen Radiergummi  zu verschlucken. Die Kindergärtnerin riss dem kleinem Jungen den gefährlichen Gegenstand aus der Hand. Dieser fing natürlich gleich an zu weinen und zappelte wild auf seinem Stuhl herum. „ Weißt du denn nicht, dass du daran ersticken kannst?“ , fuhr sie den hilflosen Jungen an, der  sie gar nicht verstand und anfing zu schreien. Krampfhaft versuchte sie ihn wieder zu beruhigen, indem sie Luka sanft über dem Kopf täschelte. Als das nicht half nahm sie sich ein Blatt Papier und einen gelben Filzstift. Die Sonne strahlte und lächelte den kleinen Jungen an und dieser hörte auf zu weinen .Aus Neugierde erschienen plötzlich die anderen Kinder am Tisch, um die fröhliche Sonne zu betrachten. Ein kleines nahm sich einen roten Filzstift und malte eine kleine Blume dazu und ein anderes Kind einen Grünen für einen Baum mit einem dicken Grinsen im Gesicht. Nun fing Luka sogar an zu lachen und nahm sich selbst blauen Stift und malte  einen kleinen Vogel mit leuchtenden Flügeln.

Magarit Tompson betrachtete wie angewurzelt dieses Bild. Es schien voller Leben  zu sein, die Kinder lachten und  erfreuten sich daran.Sie blickte aus dem Fenster und sah, dass der Regen sich verzogen hatte und die Sonne mit ihnen lachte.

Sie hatte nun endlich etwas sehr Wichtiges verstanden. Kinder sind die Könige der Welt. Sie sind das Strahlen der Sonne und das Leuchten der Sterne. Wenn Kinder lachen, scheint die dunkle grausame Welt da draußen plötzlich ganz klein. Die Menschen müsste, eigentlich nur eines tun, um diese Welt nicht sterben zu lassen. Sie sollten einfach mal wieder wie ein Kind lachen und sich amüsieren, ihre Herzen öffnen und wieder anfangen zu leben. Jedenfalls wird sie es tun. Sie nahm das Bild in die Hand und hängte es an die Lieblingswand der Kinder.

„Und jetzt meine Glühwürmchen, lasst uns nach draußen gehen. Die Sonne scheint und es hat aufgehört zu regnen. Versprecht ihr mir etwas? Bitte hört niemals auf zu lachen und eure Herzen zu öffnen.“ Die Kinder sahen sie fragend an. Aber das störte sie nicht, denn eines Tages würden sie es verstehen. „ Los, jetzt lauft und zieht euch die Schuhe an.“ Mit lauten Gelächter und Freude in jedem Gesicht rannten die Kinder in die Umkleideräume. Magarit schaute ihnen noch einmal nach und lief zum Fenster. Ihr Blick fiel auf die strahlende Sonne und sie bedankte sich für ihre Existenz. Dann schloss sie das Fenster und lachte wie ein Kind, als sie den Raum verließ.

Federn

Pia

Ich lag auf der Wiese im Gras und beobachtete die Wolken. Ein Raubvogel drehte hoch oben am Himmel seine Runden auf der Suche nach Futter.

Ich  überlegte wie es wohl wäre ein Vogel zu sein und fliegen zu können. Die Freiheit zu haben überall, jederzeit hinzufliegen.

Ich sah, dass etwas zu Boden segelte, es war eine Feder, sie landete direkt auf meinen Augen.
Ich nahm sie in die Hand und betrachtete sie. Die Feder war braun mit schwach weißen Punkten und unten war sie flauschig wie eine Daune.